Weinlese 2021

„Wie die volle Traube aus dem Rebenlaube purpurfarbig strahlt!“ dieser Satz kann nicht nur der Beginn eines schönen Liedernachmittags sein, sondern ist für uns einmal im Jahr auch der Startschuss in die Erntezeit. Wie eine Weinlese abläuft und wie wir die Weinlese 2021 erlebt haben, berichten wir euch hier.

Vor der Weinlese

Die Zeit vor der Weinlese ist auf der einen Seite bereits eine sehr geschäftige Phase mit viel Vorbereitung und Organisation, auf der anderen Seite legen wir Winzer:innen meist noch eine kurze Verschnaufpause zum Kräftesammeln ein. Denn so schön und magisch die Weinlese auch sein mag, ist die Ernte zugleich der bedeutendste und intensivste Jahresabschnitt für einen landwirtschaftlichen Betrieb – hier entscheidet sich der nächste Weinjahrgang und es ist jederzeit vollster Einsatz gefordert.

Sobald die ersten Trauben geerntet werden, muss alles geputzt und bereit sein: das Herzstück des Herbstes die Kelter (Weinpresse), Holzfässer und Edelstahltanks, Boxen für das Erntegut, Eimer, Scheren, Gummistiefel-Paraden, der Traubenwagen für den Transport und und und. Einige Dinge, wie die Kelter und der Traubenwagen, kommen tatsächlich nur in der Weinlese zum Einsatz und müssen jedes Jahr aufs Neue von ordentlich Staub und Spinnenweben befreit werden;-)

Die Lese 2021 würde nicht vor Mitte September beginnen, gute zwei Wochen später als 2020 und drei Wochen später als 2019. Eine Faustregel lässt uns Winzer:innen auf den Lesebeginn schließen: etwa 100 Tage nach der Rebblüte sind die ersten Trauben reif. So hatten wir die ersten zwei Septemberwochen Zeit für unsere Vorbereitungen und wir kamen gut voran. Jedoch stieg die Anspannung stetig, denn im Weinberg zeigte sich ein anderes Bild als im Keller. Aufgrund von (kleineren) Hagelereignissen und hohen Niederschlägen über den Sommer waren einige Trauben geschädigt und konnten unseren Qualitätsansprüchen nicht gerecht werden. Das hieß neben den Vorbereitungen im Betrieb, mussten wir auch schon vor der Lese viel Handarbeit im Weinberg leisten, um gesund von krank zu selektieren. Zum Glück hatten wir bereits Unterstützung von Familie und Freunden vor Ort – gemeinsam ist doch immer besser als allein!

Die Lese im Weinberg

Es ist immer ein besonderer Moment, wenn die ersten Trauben reif sind und geerntet werden können. Bei uns fiel der Startschuss in diesem Jahr am 20. September in unserem Grauburgunder. Dieser ist meistens der erste Weinberg, den wir lesen. Es folgen Spätburgunder, Chardonnay und Sauvignon Blanc, später reif werden die Rieslinge, der Viognier sowie die Cabernets. Wie überprüfen Winzer:innen eigentlich die Reife ihrer Trauben im Weinberg? Dafür wird das sogenannte Refraktometer genutzt. Mit einer Durchschnittsprobe von Trauben bzw. deren Saft kann mit diesem Gerät der Zuckergehalt in Grad Öchsle gemessen und damit auf die Reife geschlossen werden. Zudem ist der Geschmack der Trauben ein wichtiger Indikator dafür, ob der Weinberg bereit ist gelesen zu werden.

Reifemessung

Zu Beginn der Weinlese bekamen wir gute Nachrichten vom Wetterfrosch: die Prognose sagte uns nur noch geringe Niederschläge, einige Sonnenstunden und kühle Nächte voraus. Regenereignisse während der Lese sind aus zweierlei Gründen negativ zu bewerten. Erstens legt sich das Wasser auf die Trauben und wir ernten verwässertes Lesegut, zweitens begünstigen Niederschläge die Weiterentwicklung von Pilzkrankheiten wie echtem und falschem Mehltau sowie der Grauschimmel genannten Botrytis. Alles Faktoren, die uns die Lese erschweren und intensive Handarbeit fordern.

Bei uns im Weingut ernten wir sowohl mit der Hand als auch mit der Lesemaschine. Für die Maschinenlese müssen die Weinberge besonders gut vorbereitet sein, damit wir ein qualitativ hochwertiges Lesegut ernten können. Wenn die Trauben perfekt gesund und reif sind, gibt es qualitativ kaum einen Unterschied zwischen Hand- und Maschinenlese. Bei der Handlese hingegen ist die Selektion während der Lese möglich und in diesem Jahr – wie gesagt – auch notwendig. Jede Traube musste angeschaut werden, ob sie unseren Qualitätsansprüchen gerecht würde: die guten ins Eimerchen, die schlechten (leider) auf den Boden. Ein großes Glück, dass wir auch im Herbst 2021 wieder viel Verstärkung durch Familie und Freunde an unserer Seite hatten.

Die Weinlese im Keller

Nach der Arbeit im Weinberg werden die Trauben mit Traktor und Traubenwagen zum Weingut transportiert, um dort abgeladen und verarbeitet zu werden. Dies geschieht bei uns nicht mehr ganz so traditionell wie bei den alten Griechen mit den bloßen Füßen 😉 Eine moderne Kelter leistet hervorragende Arbeit. Die meisten Weißweine werden, je nach Rebsorte, entweder direkt oder nach einer kurzen Maischestandzeit schonend abgepresst. Bei einer Maischestandzeit bleiben Traubenhäute, Kerne und Saft vereint, sodass Aromen und Gerbstoffe, die insbesondere in den Häuten sitzen, in den Most übergehen können. Das hat vor allem beim Sauvignon Blanc, Chardonnay und Riesling einen großen Einfluss auf die spätere Weinqualität. Rotweine werden bei uns klassisch auf der Maische vergoren, wobei der entstehende Alkohol Geschmack und Farbe aus den Beerenhäuten löst.

Während beim Rotwein also nach dem Pressen der Maische bereits ein durchgegorener Wein von der Kelter läuft, erhalten wir beim Pressen weißer Trauben zunächst Traubenmost, gleich Saft ohne Alkohol. Im Keller folgt nun in Tanks und Fässern die wichtige alkoholische Gärung. Hier wird der vorhandene Zucker mit Hilfe von Hefen zu Alkohol und CO2 vergoren. Am Ende der Gärung ist der Zucker bei trockenen Weinen vollständig zu Alkohol umgewandelt. Je nach Temperatur und anderen Einflüssen kann der Gärvorgang nur wenige Tage bis viele Wochen dauern. Manchen besonderen Weinen geben wir so viel Zeit bei der Gärung, dass diese im kalten Winter natürlicherweise unterbricht und erst im wieder wärmer werdenden Frühjahr aufs Neue beginnt. Wenn die Moste im Keller gären und es überall durch das entstehende Kohlendioxid blubbert, schafft dies immer eine sehr besondere Stimmung. In der ganzen Zeit werden die Moste und jungen Weine häufig von uns verkostet, um zu sehen, ob die Gärung gut verläuft und sich die Aromatik fehlerfrei entwickelt.

Hier hieß es für uns erneut durchatmen, denn die intensive Vorarbeit schien sich bezahlt zu machen. Nicht nur das Lesegut konnte uns am Ende zufrieden stellen, auch die Moste im Keller entwickelten sich schön.

Nach der Weinlese

Das wäre vollbracht: genau vier Wochen nach der ersten Lese, ernteten wir am 18. Oktober mit dem Cabernet Franc unseren letzten Weinberg. Auch dies ist immer wieder ein sehr besonderer Moment. Wir sind sehr glücklich und erschöpft zugleich nach einem intensiven Monat Weinlese. Glücklich, weil wir der Befürchtung vor kranken Trauben und schlechten Erträgen trotzen konnten und erschöpft – ja warum eigentlich? Weinberg, Sonne und Trauben, das klingt doch irgendwie nach Urlaub…

Nachdem die letzten Trauben geerntet sind, gibt es zwar im Weinberg vorerst keine Arbeit mehr zu tun, im Keller geht es jedoch noch munter weiter. Die letzten Pressvorgänge stehen an, es wird filtriert, der Most auf Edelstahltanks und Holzfässer verteilt und ständig kontrolliert, ob sich die jungen Weine nach unseren Vorstellungen entwickeln.

Jetzt, Anfang November, kehrt auch im Keller langsam Ruhe ein, das Glucksen der werdenden Weine wird weniger, Kelter und Traubenwagen sind bereits geputzt und fürs nächste Jahr verpackt. Es heißt Abwarten. Ein am Ende zufriedener Winzer blickt mir entgegen – Frederik und ich sind sehr gespannt, wie sich die fertigen Weine präsentieren werden und ob sich die in diesem Jahr so besonders geforderte Handarbeit auszahlen wird.

Katharina Janus

Katharina führt ab 2023 das Unternehmen Katharina Janus Weine. Ihr akademischer Hintergrund liegt in den Ernährungswissenschaften, ihr bisheriges Arbeitsleben hat sie aus der großen Faszination und Begeisterung für das Produkt Wein fast ausschließlich in der Weinbranche verbracht. Neun Jahre leitete sie gemeinsam mit ihrem Mann Frederik ein eigenes Weingut in der Pfalz. Nach Feierabend liebt Katharina ein Glas mineralischen Riesling.

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